Im Rahmen der Preisverleihung des diesjährigen 35. Braunschweig International Film Festival (BIFF) wurden im Großen Haus des Staatstheaters Braunschweig neun Preise verliehen, die insgesamt mit einer Rekordsumme von 60.500 Euro dotiert wurden. Schauspieler Sebastian Koch erhielt den Preis „Die Europa“ für sein Lebenswerk.

Ein besonderer Abend: das war die Preisverleihung des diesjährigen 35. Braunschweig International Film Festival (BIFF), die am Samstagabend in das Große Haus des Staatstheaters Braunschweig lud. Nach einem rein digitalen Jahr in 2020 findet das Festival wieder in den Spielstätten der Löwenstadt statt – im ASTOR Filmtheater, im Universum Filmtheater, im Roten Saal, im LOT-Theater, im Eulenglück und auch im Staatstheater Braunschweig. Wo am Montagabend mit dem Eröffnungsfilmkonzert zu „Der Golem, wie er in die Welt kam“ das Festival eindrucksvoll eröffnet wurde, schloss sich an diesem Abend quasi der Kreis: Bei der Preisverleihung wurden insgesamt neun Preise an Filmemacher*innen und Schauspieler*innen verliehen.

 


Ein Handkuss für die Bühne des Staatstheaters

„Das Kino und das Theater eint: hier gehören echte Menschen hin“, strahlte Schauspieler Götz van Ooyen in das Publikum. Für ihn war es ein Heimspiel: Der gebürtige Offenbacher ist fester Bestandteil vom Ensemble des Staatstheaters Braunschweig – an diesem Abend führte er als Moderator durch das Programm. Die erste Ehrung galt der Gewinnerin des Heimspielpreises, der Auszeichnung für den besten Film mit regionalem Bezug. Die selbstständige Kamerafrau und Filmemacherin Prof. Jutta Tränkle fasste die Juryentscheidung stellvertretend zusammen: „Die Auswahl war wirklich schwierig. Die Themen waren sehr unterschiedlich und wir haben lange diskutiert. Es war wahrlich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, nichtsdestotrotz waren sich schlussendlich alle einig.“ Eine lobende Erwähnung galt TÜRKISCHE RIVIERA (Deutschland, 2020) von Senem Göcmen – der Heimspielpreis selbst wurde schließlich an Katharina Marie Schubert übergeben. „Eine Geschichte, so poetisch wie der Filmtitel“, lobte Tränkle DAS MÄDCHEN MIT DEN GOLDENEN HÄNDEN (Deutschland, 2021). „Ich freue mich so sehr über diesen Preis und darüber, hier zu sein. Seitdem ich ein kleines Kind war wollte ich auf diese Bühne – nun bin ich hier“, erklärte Schubert, die in Gifhorn geboren wurde und in der Löwenstadt aufwuchs. Für die Bühne gab es zum Abschied einen Handkuss.

Einigkeit herrschte auch bei der KINEMA-Jury, die aus sechs Jugendlichen aus Frankreich und Deutschland besteht. Die Deutschlandpremiere THE THIRD WAR (Frankreich, 2020) von Giovanni Aloi durfte sich indes nicht nur über den deutsch-französischen Jugendpreis, sondern auch über den mit 10.000 Euro dotierten Volkswagen Financial Services Filmpreis freuen. Regisseur Aloi war nicht nur überaus glücklich Teil des Festivals zu sein, sondern bedankte sich auch für die gute Organisation des BIFF. „Ein Kriegsfilm ohne Krieg, ein hyperrealistischer Flow“, resümierte Kunsthistorikerin und Kuratorin für Bewegtbild Ewa Szablowska, die gemeinsam mit Uwe Tschischak (Volkswagen Financial Services, Leiter der Unternehmenskommunikation) und Daniel Kothenschulte (Frankfurter Rundschau) die Jury bildete. Kothenschulte bekräftigte: „Ein meisterhafter Film!“. Eine lobende Erwähnung für den Preis ging an den Beitrag aus Malta von Alex Camilleri: LUZZU (2021).

„Filme können berühren, inspirieren und Diskussionen auslösen“

Gesellschaftlich derzeit vielbesprochene Themen wie die globale Klimakrise hat die Reihe „Green Horizons“ im Fokus. Jurymitglied Nadja Varsani (fechnerMEDIA) griff die Frage auf: Können Filme die Welt retten? „Retten bestimmt nicht – aber: Filme können uns berühren, sie können uns inspirieren und Diskussionen auslösen.“ Geehrt wurde sodann ein „sehr feinfühliger und mutiger Film, der die Kraft hat eine solche Diskussion anzustoßen.“ Regisseur Erlend E. Mo, der im Januar dieses Jahres verstarb, wird hierbei postum für sein Werk JOURNEY TO UTOPIA (Dänemark, Norwegen, Schweden, 2020) ausgezeichnet; seine Frau schickte eine sehr persönliche und bewegende Videobotschaft zur Preisverleihung nach Braunschweig. „Es ist schön zu sehen, dass seine Arbeit wertgeschätzt wird, und, dass sie einen Fußabdruck hinterlässt.“ Sie betonte: „Kämpfen Sie weiter für das, woran sie glauben.“

Mit 5.000 Euro dotiert ist der Braunschweiger Filmpreis, der an den/die beste*n deutschsprachige*n Nachwuchsschauspieler*in überreicht wird. Schauspieler, Autor und Regisseur Tucké Royale, der im vergangenen Jahr jenen Preis gewann, benannte Hanno Koffler in DIE SAAT (Deutschland, 2021) mit einer lobenden Erwähnung – der Filmpreis ging indes an NICO (Deutschland, 2020) Hauptdarstellerin Sara Fazilat. Royale dazu: „Ein unbändiger Gerechtigkeitssinn, Entschlossenheit und so viel mehr – Du bist in dem Film mit Deiner Figur verschmolzen.“ Fazilat, die bei ihrem letzten Krimidreh verunglückte, sei auf dem Weg der Genesung und freue sich sehr über den Preis, wie ihr Agent Maximilian Haas stellvertretend berichtete. 

Nicht nur Preise wie „Green Horizons“ sollen Diskussionen anstoßen – auch mit dem „Die TILDA“-Preis soll ein wichtiges Signal ausgesandt werden. Der mit 5.000 Euro dotierte Frauenfilmpreis wird von 65 Frauen aus der Braunschweiger Stadtgesellschaft gestiftet: allein das ist ein wichtiges Zeichen. Jurymitglied Prof. Dr. Sabine Brombach (Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften) skizzierte: „Der Preis kann gedanklich anstoßen, er kann auf Benachteiligung hinweisen und Verborgenes aufdecken.“ In diesem Fall war sich die Jury, so Brombach, sofort einig: HIVE (Kosovo, Schweiz, Nordmazedonien, Albanien, 2021). „Eine einfühlsame, intensive Begleitung der Frauen. Der Film, der auf wahren Ereignissen beruht, ruft das Massaker von Krusha e Madhe wieder in Erinnerung.“ HIVE ist derweil das Langfilmdebüt der Regisseurin Blerta Basholli. In einer Videobotschaft schilderte sie: „Uns war nicht klar, wie viel Einfluss dieser Film haben wird. Umso schöner ist es das zu sehen, denn wir haben mit viel Leidenschaft daran gearbeitet.“

Überraschungsauftritt von Rapper MC Rene

Der „Queere Filmpreis Niedersachsen“ gilt in diesem Jahr GIRLSBOYSMIX (Niederlande, 2020) von Regisseurin Lara Aerts. Aerts erläuterte, warum der Film eine so wichtige Botschaft in sich trage: „Man muss das Bewusstsein für Intersexualität weiter verstärken. Viele wissen immer noch nicht, was das bedeutet.“ Markus Manegold vom Verein für sexuelle Emanzipation (VSE) ergänzte: „Es gibt nicht nur männlich und weiblich.“ Eine echte Überraschung für die Gäste im Großen Haus des Staatstheaters war unterdessen der Auftritt von MC Rene: Am Vorabend stellte der Hip-Hop-Pionier noch seine Dokumentation ANOMALIE (Deutschland, 2021) vor, bei der Preisverleihung hatte der gebürtige Braunschweiger dann seinen DJ Fourteen für eine musikalische Einlage im Gepäck. Neben Songs wie „Ein Tag im All“, „Text von ’94“ und „Mein Leben ist ein Freestyle“ kreierte der Rapper, der zu den besten Freestylern der deutschsprachigen Szene zählt, aus Begriffen wie „Braunschweig“, „Kino“ und „TILDA“ spontan ein neues Werk – und der Saal tobte. 

Mit 10.000 Euro ist der Publikumspreis „Der Heinrich“ versehen, er ist bereits seit dem Jahr 1999 fester Bestandteil des Braunschweig International Film Festival. Alexandra Baum-Ceisig, Vorständin für Personal und Organisation bei Hauptsponsor Volkswagen Financial Services, durfte das Geheimnis der/des Gewinner*in lüften. „Ich wollte schon immer mal einen solchen Briefumschlag öffnen und verkünden: ‚and the winner is‘“, so Baum-Ceisig. Kräftiger Applaus galt dabei der Deutschlandpremiere 25 YEARS OF INNOCENCE (Polen, 2020) von Regisseur Jan Holoubek. „Es gibt nichts Schöneres als einen Publikumspreis zu gewinnen“, strahlte Holoubek per Videobotschaft in die Kamera. 


Koch: „Diese Zeit hat mich sehr berührt“


Seit dem Jahr 2007 verliehen wird „Die Europa“, der Preis für das Lebenswerk. Bereits im Vorfeld war bekannt, dass er an den international gefragten Schauspieler Sebastian Koch überreicht wird; mehr als eine Überraschung war indes, dass der deutsche Trompeter und Komponist Till Brönner die Laudatio hielt. „Auch wenn Sebastian Koch heute für sein Lebenswerk ausgezeichnet wird – dieser Mann hat noch unfassbar viel vor“, so Brönner. „Sebastian zählt zu der Kategorie der Weltstars aus Deutschland, ihm gilt mein größer Respekt. Er ist ein veritabler Meister seines Fachs.“ Das unterstreicht auch die Reihe seiner Auszeichnungen, darunter etwa der Adolf-Grimme-Preis, der Deutsche Fernsehpreis, zwei Bambis sowie der Globo d’Oro. „Das Schauspiel liebt Dich, und die Zuschauer lieben Dich auch“, lobte Brönner, der seit vielen Jahren ein guter Freund von Koch ist. 

Für die umfassende und sehr persönliche Laudatio gab es eine feste Umarmung auf der Bühne. Und starke Worte vom sichtlich ergriffenen Koch. Für ihn wichtige Menschen und Begegnungen fasste er in einem Wort zusammen: Vertrauen. „Menschen, die mir begegnet sind, die mir vertraut haben. Menschen, denen ich vertrauen konnte. Ich konnte offen sein und so Neues entstehen lassen.“ Zum Beispiel mit Florian Henckel von Donnersmarck, Regisseur etwa von DAS LEBEN DER ANDEREN (Deutschland, 2006), wo Koch den Theaterschriftsteller Georg Dreyman spielte. Für das Werk gab es den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Zum Abschluss schickte der frischgebackene „Die Europa“-Preisträger auch eine emotionale Botschaft in den Saal: „Diese Stadt macht dieses Festival. Ich habe hier so entzückende Menschen kennengelernt, die mich wahrlich durch diese Tage getragen haben. Diese Zeit hat mich sehr berührt.“ Übergeben wurde „Die Europa“ von Anthony Bandmann, Mitglied des Vorstands von Volkswagen Financial Services.


Das 35. Braunschweig International Film Festival lädt am Sonntag, 07. November, zum letzten Festivaltag ein. Im Programm stehen übrigens auch der Gewinnerfilm des Volkswagen Financial Services Filmpreises sowie vom „Der Heinrich“-Preis. Weitere Informationen zum Festival gibt es auf www.filmfest-braunschweig.de, tagesaktuelle Hinweise auch auf Social Media unter wwww.instagram.com/filmfestivalbraunschweig und www.facebook.de/filmfestivalbraunschweig.

 

Quelle: Pressemitteilung. Bildnachweis: Patrick Slesiona.

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