Heute Nacht habe ich geträumt... vielleicht lag ich auch einfach noch wach und dachte an die Erinnerung, unterbewusst. Es war ein Tag im Kindergarten, einer, an den ich mich besser erinnern kann, als an andere Tage. An diesem Tag habe ich gelogen...
 
Ich saß mit der Gruppe auf kleinen Stühlen an halbhohen Tischen und wir alle haben zu Mittag gegessen. Alle haben tolle Sachen erzählt, von ihrem Wochenende oder Ausflügen und Ferien. Ich habe die ganze Zeit zugehört, aber das war mir zu langweilig und da ich auch etwas Interessantes erzählen wollte, sagte ich „Ich bin auf einem Tiger geritten!“
 
Stille. Dann sagte eine kleine Blonde „das glaube ich nicht, ich frage deine Mama“. Ich musste schlucken. Sie hatte schließlich Recht, es war erfunden. Also sagte ich nichts mehr und wartete. Während des restlichen Tages beim Spielen, dachte ich schon gar nicht mehr daran. Doch als wenige Stunden später Mama kam, um mich abzuholen, rannte die kleine Blonde direkt auf sie zu und fragte nach. Mamas Blick war überrascht und ungläubig. Doch als sie meinen verzweifelten Blick sah, antwortete sie überraschender Weise: „Ja, im Zirkus.“
 
Die kleine Blonde war baff. Später im Auto drehte Mama sich zu mir um. „Wieso hast du das erzählt? Ich wollte dich nicht als Lügnerin stehen lassen, aber es ist nicht richtig. Lüg nie wieder, okay? Das ist nicht schön.“ Sie hatte mich nicht im Regen stehen lassen, bis heute noch nie. Aber ich habe daraus gelernt. Das Gefühl bevor Sie „Ja“ sagte, war nicht sehr schön.
 
Kindheitserlebnisse.
 
Einige vergisst man, andere brennen sich ein. Die, die sich einbrennen sind entweder schreckliche, wunderschöne oder lehrende Momente, nur einzelne Bilder und nur wenige Wörter, die noch im Kopf hallen. Sie bringen uns durchs Leben, lassen uns darüber nachdenken. Diese Erinnerungen sind sehr wichtig.
 
Was uns prägt, ist was wir einst hörten, woran wir uns erinnern oder was uns weiter gebracht hat. Sind Lektionen als Kind also ausschlaggebend für unser späteres Leben? Ist die Tatsache, dass ich nach diesem Tag nie wieder log (Notlügen in der Schule, wie „mein Hund hat die Hausaufgaben gefressen“ zählen nicht) Beweis dafür, dass die Kindheit nicht nur unser Start ist, sondern auch unsere Laufbahn vorgibt? Nun musste ich mich fragen: Ist es wichtig Fehler zu machen? Sieht man Zwillinge, die bei der Geburt getrennt wurden, stellt man oft fest, dass sie sich trotz äußerlicher Ähnlichkeit, unterscheiden, wie Tag und Nacht.
 
Meine Eltern haben sich immer viel um mich gekümmert, mir viel vorgelesen, mir früh das ABC, Zahlen und Farben beigebracht, mich vieles ausprobieren lassen (Musikinstrumente, Sportarten, Sprachen) und mir einfach eine schöne Kindheit bereitet. Wäre all dies anders gelaufen, hätte ich dann heute mein Abitur, einen Job und ein – ich hoffe doch – gutes Sozialverhalten? Es kann keiner so genau sagen, ob es Veranlagung oder Erziehung ist, die mehr gewichtet. Aber eines steht fest: Ich erinnere mich bis heute an den Tag im Kindergarten und weiß seitdem, dass Lügen schlecht ist.
 
In diesem Sinne, lasst Kinder ruhig mal Fehler machen!


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