Im Interview spricht Gerald Witt, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Braunschweig-Goslar, über aktuelle Herausforderungen für Betriebe – und auch Chancen sowie Perspektiven für Interessierte bei der Ausbildungssuche.

Gerald Witt, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Braunschweig-Goslar

Herr Witt, wenn ich Sie auf das Thema Ausbildungen anspreche – welche generellen Herausforderungen sehen Sie da vor allem?

Der Markt hat sich in den letzten Jahren zunehmend zu einem Bewerbermarkt gewandelt. Die sinkenden Schülerzahlen zeichnen heute bereits einen Nachwuchsmangel. Dies wird sich in den kommenden Jahren noch verschärfen. Verstärkt wird dies mit der steigenden Akademisierung, so dass immer weniger junge Menschen nach der Schule den Weg auf den Ausbildungsmarkt suchen.

Früher stand man für eine Ausbildung in der Schlange, heute stehen die Unternehmen bei den Bewerbern Schlange. Ist die Lage wirklich dergestalt?

Ja. Und dabei stehen wir erst am Anfang. Einige Branchen spüren heute bereits die Auswirkungen des demographischen Wandels, anderen steht es noch bevor. Die Unternehmen werden kreativer, um das Personal von morgen zu finden und natürlich zu binden. Der Kampf um die besten Köpfe ist in vollem Gang. Die Betriebe müssen sich künftig auch für Bewerber öffnen, die auf den ersten Blick nicht die Klassenbesten sind. Wir unterstützen dort individuell auch mit Nachhilfeunterricht, wenn es in der Berufsschule nicht klappen sollte. Bei allen Fragen rund um Ausbildung steht die Berufsberatung zur Seite.

Hat sich die Situation über die Jahre aus Sicht der Unternehmen eher verbessert, oder eher verschlechtert?

Das ist pauschal schwierig zu beantworten. Die Branchen sind aktuell noch unterschiedlich betroffen. Auch wenn die Ausprägung unterschiedlich ist, so berichten mir die Personalverantwortlichen jedoch einheitlich, dass sich die Azubisuche in den letzten Jahren verändert hat.

Die Anzahl der Bewerbungen nimmt stetig ab, bis hin zu gar keinen Bewerbungen in einigen Berufen.

Man hört immer wieder von Unternehmen, die mitunter sogar ihren Betrieb aufgeben oder zumindest zurückfahren, weil ihnen passende neue Mitarbeiter beziehungsweise Auszubildende fehlen. Was glauben Sie, wo liegt der Kern des Problems?

Auch dort ist eine Pauschalantwort nicht machbar. So individuell die Berufe sind, so individuell sind die Anforderungen an das Personal. Dazu kommen dann noch gewisse Rahmenbedingungen wie beispielsweise Arbeitszeiten, Gehalt und Image.

Hinzu kommen die starken Babyboomer-Jahrgänge, die nun in Rente gehen und eine Lücke hinterlassen, da die nachfolgenden Generationen weniger Arbeitskräftepotential nachschieben.

Was ist eigentlich mit den jungen Generationen, Generation Y und Z los? Wollen die allesamt lieber studieren?

Wir stellen schon fest, dass der Studienwunsch ungebrochen ist. Doch nicht für jeden jungen Menschen ist ein Studium der Königsweg. Wir informieren in unseren Beratungen auch über die unterschiedlichsten Karrierewege. Mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung stehen viele Türen offen, vom Fachwirt, über den Techniker, über den Meister bis hin ins Studium – auch ohne Abitur. Häufig ist diese Vielfalt nicht bekannt und führt regelmäßig zu Denkanstößen.

Wie würden Sie den Reiz von Ausbildungen bzw. Ausbildungsberufen festmachen?

Es ist eine solide Grundlage für das gesamte Berufsleben und Voraussetzung für die meisten Karrieren. Es ist auch ein guter Schutz vor Arbeitslosigkeit, denn über die Hälfte der rund 20.000 Arbeitslosen im Agenturbezirk haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Die formale Qualifikation ist oft entscheidend – natürlich auch bei den Tätigkeiten und insbesondere beim Gehalt. Eine Ausbildung lohnt sich: Immer.

Wenn Sie einen Wunsch freihätten: Was wünschen Sie sich von den jungen Generationen?

Schon Konfuzius, ein chinesischer Philosoph, hatte vor rund 2.500 Jahren erkannt: „Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten.“ Die Aussichten für einen erfolgreichen Einstieg in das Berufsleben sind so günstig wie lange nicht mehr. Neugierig und wissensdurstig – egal ob beim Berufsberater oder Unternehmer. Seid flexibel, was die Berufswünsche angeht und vor allem: traut euch was zu! Talente entdecken und seinen eigenen Weg gehen. Wir unterstützen gern dabei.

Was raten Sie jungen Menschen, die auf der Suche nach einer Ausbildung sind? Wie finde ich heutzutage „meinen“ passenden (Ausbildungs-)Beruf?

Die Berufswahl muss gut überlegt sein. Auch wenn viele Erwerbsbiografien heute nicht immer einen Beruf von der Wiege bis zur Bahre zeigen, so sollte der Startschuss ins Berufsleben dennoch positiv besetzt werden. Der Traumjob hat viele Aspekte. Auf der Suche nach seinen Talenten sind Freunde und Eltern immer ein guter Ratgeber. Aber auch die Berufsberatung der Arbeitsagentur ist ein neutraler Partner auf der Suche nach dem passenden Beruf.

Kontakt zur Berufsberatung
 

Termine zur Berufsberatung unter der Servicenummer (Mo – Fr von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr) 0800 4 5555 00 oder im Internet unter www.arbeitsagentur.de/eService.

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Location: Braunschweig (div.)
Autor / Credits: Falk-Martin Drescher


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