Wie lässt sich der Reiz am Handwerk verdeutlichen? Wie finde ich „meinen“ passenden Ausbildungsberuf? Was sollte ich im Handwerk beachten? Im Interview spricht Eckhard Sudmeyer, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade, über die Faszination der Handwerksbranche.

Eckhard Sudmeyer, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade

Herr Sudmeyer, wenn ich Sie auf das Thema Ausbildung im Handwerk anspreche – welche generellen Herausforderungen sehen Sie da vor allem?

Die generelle Herausforderung ist, auch für die Zukunft noch genügend Fachkräfte zu haben. Denn wenn die Entwicklung so weitergeht, werden uns irgendwann die Handwerker fehlen, die das Dach decken, die Heizung installieren oder die Brille reparieren.

Früher stand man für eine Ausbildung in der Schlange, heute stehen die Unternehmen bei den Bewerbern Schlange. Ist die Lage wirklich dergestalt?

Der Ausbildungsmarkt wird zunehmend zum Bewerbermarkt, das ist tatsächlich so. Früher kamen die Bewerberinnen und Bewerber von alleine und die Betriebe konnten sich die Auszubildenden aussuchen. Das hat sich komplett verändert.

Hat sich die Situation über die Jahre aus Sicht der Unternehmen eher verbessert, oder eher verschlechtert?

Die Unternehmen müssen heute viel mehr Zeit und Energie in die Suche nach Auszubildenden investieren. Das bedeutet gerade für einen kleinen Handwerksbetrieb einen enormen Mehraufwand, den nicht jeder neben dem normalen Tagesgeschäft einfach so leisten kann. Größere Unternehmen, die manchmal sogar einen Mitarbeitenden haben, der für Personalangelegenheit zuständig ist, haben es da etwas leichter.

Man hört immer wieder von (handwerklichen) Unternehmen, die mitunter sogar ihren Betrieb aufgeben oder zumindest zurückfahren, weil ihnen passende neue Mitarbeiter beziehungsweise Auszubildende fehlen. Was glauben Sie, wo liegt der Kern des Problems?

Der Kern des Problems sind tatsächlich die fehlenden Fachkräfte. Viele Betriebe würden gerne noch mehr Aufträge annehmen, können das aber nicht, weil ihnen die dazu notwendigen Mitarbeiter fehlen. Und in vielen Unternehmen fehlt ein Nachfolger, der den Betrieb weiterführt, was dann zur Aufgabe führt. Denn den klassischen Familienbetrieb, der von einer Generation an die nächste weitergegeben wird, gibt es auch im Handwerk nicht mehr so oft.

Was ist eigentlich mit den jungen Generationen, Generation Y und Z los? Wollen die allesamt lieber studieren?

Den Trend zur Akademisierung gibt es zweifellos. Der fängt aber schon im Elternhaus und in der Schule an, wenn den Kindern vermittelt wird, dass eine Ausbildung weniger wert ist als ein Studium. Aber nicht für jeden ist das Studium wirklich das Richtige. Wir gehen daher verstärkt auf Gymnasiasten und Studienabbrecher zu, um ihnen Perspektiven jenseits des Studiums aufzuzeigen.

Wie würden Sie den Reiz von der Ausbildung und Arbeit im Handwerk formulieren?

Gehen Sie mal in eine Tischlerwerkstatt: Da riecht es nach Holz, da stehen die verschiedensten Holzarten im Lager, da wird gesägt, gehobelt und kreativ an individuellen Lösungen gearbeitet. Oder in eine Bäckerei, wenn morgens gebacken wird – der Duft und Geschmack der Zutaten, die verschiedenen Brote, Kuchen, Gebäcksorten… das ist alles sehr greifbar und konkret. Da wird auch noch – natürlich unterstützt durch moderne Technik – mit den Händen gearbeitet. Kundenwünsche werden individuell umgesetzt, ob Hochzeitstorte, behindertengerechte Dusche oder sechseckige Fenster, das macht ja auch Spaß! Und man sieht am Ende des Tages immer, was man gemacht hat.

Wie lässt sich das Handwerk im Sinne der jungen Generation noch attraktiver ausgestalten?

Handwerk ist attraktiv. Nur leider hat sich in den Köpfen ein anderes Bild festgesetzt. Wir sind daher seit mehr als zehn Jahren dabei, das Image des Handwerks mit einer bundesweiten Kampagne zu verbessern. Das gelingt uns auch ganz gut, wie die Ausbildungszahlen der vergangenen Jahre zeigen.

Wenn Sie einen Wunsch freihätten: Was wünschen Sie sich von den jungen Generationen?

Hört bei der Berufswahl auf eure Neigungen und nicht nur auf das, was Freunde, Eltern oder Lehrer sagen!

Was raten Sie jungen Menschen, die auf der Suche nach einer Ausbildung im Handwerk sind? Wie finde ich heutzutage „meinen“ passenden (Ausbildungs-)Beruf?

Ausprobieren. Entweder direkt in einem Betrieb nach einem Praktikum fragen oder zu einem Berufsorientierungsmarkt gehen und dort mal Hand anlegen. Handwerk muss man spüren, um zu wissen, ob es zu einem passt!

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Location: Braunschweig (div.)
Autor / Credits: Falk-Martin Drescher


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