Ein Film mit Halle Berry, Tom Hanks, Hugh Grant, Susan Sarandon, Hugo Weaving. Dazu in Deutschland produziert von Tom Tykwer mit Andy und Lana Wachowski nach einer als unverfilmbar geltenden Buchvorlage. Kann das was werden?

Es kann! Aber nur mit Hilfe des Zuschauers, der eine gehörige Portion Konzentration und Sinn für die philosophischen Fragen des Lebens mitbringt. Satte 100 Millionen Euro wurden für das Film-Epos Cloud Atlas investiert, nein „verpulvert“ kann man wirklich nicht sagen. Hollywood-Produktionen, deren Budgets viel höher lagen, sieht man den Verbleib von solchen Summen weit weniger an. Und netterweise wurde der typische US-Kitsch auch gleich weggelassen.


Halle Berry neben Tom Hanks in der Zukunftsvision

Cloud Atlas erzählt parallel sechs Handlungsstränge, die epochal auf rund 500 Jahre verteilt sind. Um 1850 fährt ein junger Anwalt (Jim Sturgess) mit einem Segelschiff von Australien nach San Francisco und wird zum mutigen Kämpfer gegen Rassismus, nachdem sich ein farbiger Sklave und er gegenseitig das Leben retteten. Im England zu Beginn des 20. Jahrhunderts erleben wir einen aufstrebenden Komponisten (Ben Wishaw), dessen Schicksal mit der Leidenschaft zur Musik und der eines anderes Mannes verbunden ist. In den 70ern des letzten Jahrhunderts versucht eine engagierte Journalistin (Halle Berry) einen Skandal um Atomkraft und Öl-Lobby aufzudecken und gerät dabei an einen skrupellosen Killer. In der Gegenwart erzählt der Plot die Geschichte des Verlegers Timothy Cavendish (Jim Broadbent), der nach der öffentlichen Ermordung des größten Kritikers an seinem Buch einen zweifelhaften Aufschwung erlebt, ihm aber postwendend nur Probleme bereitet. Im 22. Jahrhundert wird die Replikantin Sonmi-451 (Bae Doona) von ihren Schöpfern verfolgt, weil sie sich gegen die Unterdrückung und Ausbeutung wehrt – und erfährt auf erschreckende Weise den Nutzen ihres Daseins. In ferner Zukunft, dessen Datum nicht genannt wird, lebt der Hirte Zachry (Tom Hanks) wie die primitiven Stämme vor tausenden von Jahren.


Das ist Hugh Grant. Erkannt?

Was den Film so reizvoll macht, ist die Tatsache dass fast alle Schauspieler in mehreren dieser Handlungsstränge mitspielen. Durch die opulente Kostümierung erfährt man teilweise sogar erst im Abspann, wer hinter der dargestellten Person gesteckt hat. Die Handlungsstränge selbst werden teilweise im Sekundentakt durchmischt und nicht wie in der Buchvorlage chronologisch erzählt. Wie einst „Pulp Fiction“ macht diese Vorgehensweise den Film interessanter und vermittelt dem Zuschauer das Credo „Alles ist verbunden“ noch eingehender. Das ein oder andere Puzzleteil verbinden zu können motiviert phasenweise dazu Cloud Atlas auch über seine vollen 172 Minuten spannend zu finden. Eigentlich bietet er auf überzeugende Art ein neues Genre „All in one“: Eine Abenteuergeschichte 1870 und in der fernen Zukunft, ein Science-Fiction-Teil 2144, eine Komödie in der Gegenwart und einen Thriller in den 70ern. Leider fehlt es aber an der Brillanz bei der Verknüpfung eben dieser. Der Zuschauer muss sich teilweise innerhalb von 2 Minuten in die Atmosphäre der großen Abenteurer zur See hineinversetzen, dann kurz lachen während eine Bande Senioren aus ihrem Heim ausbricht und im nächsten Moment erschrecken, weil ein Mann der gerade noch über die wahre Liebe sinnierte, in seinem Flugzeug in Fetzen gesprengt wird.


Tom Hanks (rechts) in einer etwas anderen Rolle

Gerade in diesen Momenten wünscht man sich die Komödie oder die Abenteurer zurück, die ihre Leidenschaft gegen Unterdrückung und das herrschende Machtgefüge zum Ausdruck bringen. Natürlich, nicht weniger kurzweilig ist der teils durchaus spannende Plot um die Aufdeckung des Wirtschaftsskandals oder die Ächtung des schwulen Künstlers in den 30ern.

Aber anstatt diese Ansätze zu Ende zu bringen und die Atmosphäre zu verdichten, verbindet die Handlungen vor allem eines: Die explizite Darstellung von Gewalt. Selbst der oft dafür kritisierte 4. Teil der Rambo-Saga könnte sich noch eine Scheibe Gemetzel abschneiden. Wenn Menschen im Komödie-Teil nach dem freien Fall auf dem Bürgersteig zerplatzen oder das Gehirn eines Hauptdarstellers an der Schrankwand hinter ihm landet, weil der Killer abgedrückt hat. War das damit gemeint, als uns der Film lehren wollte, dass wir unser Leben nur geborgt haben? Ist eine Ladung C4 die Tür zum nächsten Leben? Bei Rambo oder Resident Evil hat man nichts anderes erwartet, warum die filmische Kunst des Tötens bei dem ansonsten sehr sehenswerten Cloud Atlas eine so wichtige Rolle spielt, wissen wohl nur die Produzenten.

Copyright und Infos

ab 15.11.2012
Location: C1 Cinema (BS)
Autor / Credits: Christian


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