Musikszene im Porträt: Carolin Schneider

Sie sorgen mit ihren Sets für feierliche Nächte, versetzen uns mit ihren Produktionen in beste Laune oder sorgen mit ihren Auftritten für einmalige Erlebnisse: Bands, Sänger, DJs, Produzenten & Co. Damit wir in dieser Zeit ohne Veranstaltungen nicht ohne sie auskommen müssen, stellen wir gemeinsam mit dem Newsletter The Dude allwöchentlich einen neuen Akteur der hiesigen Musikszene vor. 

In der fünften Ausgabe treffen wir auf die Braunschweiger Sängerin Carolin Schneider.

Caro, wie bist Du zur Musik gekommen? Was fasziniert Dich daran?
Tatsächlich war ich als Kind ein richtiger Quatschkopf und habe mich, wenn Besuch kam, immer verkleidet und etwas aufgeführt. Ich ging dann immer hoch in mein Zimmer, bereitete gaaanz heimlich etwas vor und tadaaaa! Dafür gab es dann natürlich viel Lachen und Lob zurück. Oft war es dann etwas Gesungenes und mir bereitet es schon immer Freude, Leute damit zum Schmunzeln oder Mitsingen zu bringen. Das ist das, was mich daran fasziniert, dass man mit Musik so viel Gefühl auslösen kann und jeder diese Welle von Erinnerungen und Energie kennt, wenn ein geiles Lied angeht.
Noch mehr springt der Funke für mich bei Livemusik über – und gerade da liebe ich es dann, wenn mit Mehrstimmigkeit und akzentuierter Rhythmusgruppe das Gefühl des Songs überschwappt und mitreißt. Ist doch verrückt, wie schnell sich die Mood durch etwas Musik ändern kann?!

In welchen Musikprojekten bist Du gerade engagiert?
Also insgesamt habe ich drei polygame, aber doch feste Beziehungen, was die Musik angeht (lacht). Ja, es ist schon manchmal eheähnlich, was da abläuft. Die Songauswahl ist da oft der Hauptdiskussionspunkt.
Mein Herzprojekt ist D3lta. Das ist eine akustische Kombo aus vier Köpfen mit dreifach Gesang, Bass, Gitarre und Conga. Ich liebe es einfach, was man bei den kleineren Truppen so an Atmosphäre aufbringen kann. Fürs richtige Feiern bin ich dann auch noch Teil von PX – Rock, Funk, Soul. Da geht es um Spaß und ums Animieren, Partystimmung. Und Dampf ablassen. Was mir persönlich als Projekt immer noch sehr viel gibt, ist die Kombo mit Gero Wolter (Piano) und Alex Hartmann (Saxophon). In diesem Trio ergeben sich spontan immer so coole Sessions und man versteht sich wortlos, fließt mit den Songs. Alle guten Dinge sind drei.

Welches Konzert wirst Du niemals vergessen & warum?
Es ist lustig, weil es echt mit Abstand keinesfalls das Größte war, aber dafür mit meeega Stimmung: Es war im Deans – nur Gitarre und Gesang. Es ist schon lange her und gefühlt war dort Livemusik ja leider nur zwei Wochen erlaubt. Aber vielleicht war es gerade deswegen so einmalig. Das Publikum hat zum Schluss einfach so laut mitgesungen und das auf dem kleinen Raum, unvergesslich!
Ansonsten war der Auftritt in der Volkswagen Halle bei der Feier zu zehn Jahre United Kids Foundations noch echt eine coole Nummer und das Lammer Open Air vergangenes Jahr hat auch doll Spaß gemacht!
 
Welche Musikrichtung oder -ausprägung findest Du gerade besonders spannend? 
Also gerade in der Pandemie- und Distanzierungszeit veranstalte ich mit meinen Mann öfter Wohnzimmerdisco. Dazu passend kam ja jetzt auch der Trend von 8D-Musik auf. Also falls es jemand noch nicht ausprobiert hat: Bequeme Klamotten an, Drink in die Hand, wahlweise Schwarzlicht, Kopfhörer rein bzw. aufsetzen, Augen zu und 8D-Mukke an. Ich feiere es total und man kann sogar in der Wohnung feiern, ohne die Nachbarn zu verärgern, denn Effekt kommt nur gut mit Kopfhörern.
Bin echt gespannt, was uns noch so an erweiterten Hörerlebnissen oder Sinneseindrücken bevorsteht, was die Technologie angeht. Übrigens: Bei Youtube sind beispielsweise auch ein paar 8D-Songs eingestellt.

Welche Künstler inspirieren Dich derzeit vor allem?
Also beim Singen sind es oft kreative Cover-Umsetzungen, die mich inspirieren. Ich höre auch suuupergern Schallplatten und kaufe auf dem Flohmarkt auch gern mal was, was ich gar nicht kenne, um neuen Input zu bekommen. Oftmals sind es irgendwie schon häufiger ältere Musiker wie Joe Cocker oder Angie Stone, die mich mehr fesseln. Bin ich allein mit dem Eindruck, dass es früher teilweise abwechslungsreicher war?
Ansonsten finde ich aktuell Childish Gambino spannend, weil es abwechslungsreiche Musik ist, die etwas anders ist, aber trotzdem hängenbleibt. Gesanglich und brandaktuell stehe ich von der Stimmfarbe auf Celeste (siehe Foto). Würde am liebsten jeden Song von ihr covern (lacht). Meine Rockermusiker, die mich dann instrumentell begleiten sollen, werden sich freuen.

Für alle daheim, sei es für die Freizeit oder das Homeoffice, hast Du 2-3 Set- oder Konzertmitschnitt-Empfehlungen für uns? 
Also ganz klar meinen Alltimefave "Coldplay live in Buenos Aires". Das Album gibt es bei Spotify, aber wenn man was mit Bild möchte, dann gibt es ein anderes Konzert in der 3sat-Mediathek.
Für bunt gemischte Unterhaltung nebenbei finde ich immer die BBC Radio 1 Live Lounge cool. Vor allem wenn die Musiker sich dort gegenseitig covern. Da kann man schonmal gut ins Prokrastinieren geraten und mehr durchklicken, als Homeoffice erledigen.
  
Viele Clubbetreiber, Produzenten, Musiker & Co. haben aufgrund der Umstände digitale Angebote wie Livestreams initiiert. Was findest Du da besonders spannend? 
Also ich habe beispielsweise bei einem virtuellen Gintasting der Vielharmonie teilgenommen und finde es echt toll, was für liebevolle und kreative Angebote aktuell kommen. Ansonsten finde ich den soldekk-Stream auch echt toll und habe ihn schon in einigen Stories auf Instagramm wiedergefunden. Total cool, wie die meisten sich das dann auf den TV-Bildschirm streamen und mitfeiern.
Am meisten dabei feiere ich, wie jetzt somit auch etwas Solidarität gezeigt wird und viel mehr Musiker sich mit kleinen Homevideos befassen und diese hochladen. Wahrscheinlich nicht genau das, worauf die Frage abzielt, aber ich finde es spannend, dass da jetzt als Nebeneffekt vielleicht auch automatisch ein paar Vorurteile oder Hemmungen zur Selbstinszenierung und Selbstvermarktung fallen. Finde ich spannend und gut, dass wir da vielleicht etwas auftauen.

Hast Du noch einen Serien- oder Filmtipp für uns? 
Ich bin darin so schlecht und hinterher (lacht). Was ich empfehle, haben wahrscheinlich alle schon dreimal durchgeschaut. Daher empfehle ich YouTube-Videos zum "Upcycling" und "Pouring" als Beschäftigung. Einfach mal bei YouTube oder Instagram mit den beiden Schlagworten stöbern und kreativ werden!
Oder online mit Freunden eine Zoom-Session machen und dabei skribbl spielen. Sieht erstmal recht trivial aus, aber es macht so Spaß in der Gruppe. Kann nicht genug von kriegen (lacht).

Dein aktueller Food-Lieferdienst des Vertrauens? 
Für Sushi und Edamame das Mono und für Pizza Salentino.

Wenn Du einen Wunsch für "Deine" Region oder Stadt frei hättest: was wäre es?
Ich würde mir noch mehr Barkultur mit regelmäßig – also einmal die Woche – Livemusik wünschen. Uuuuund am liebsten von Frühling bis Herbst noch mehr Open-Airs. Auch tagsüber mehr Raves in der Sonne. Es ist natürlich für die Anwohner echt doof, aber ich liebe es, wie etwa in Italien abends, im Sommer so viele Leute draußen vor den Bars im Stehen trinken und quatschen. Und das aber friedlich und irgendwie nicht eskalativ. Einen schönen Vorgeschmack in die Richtung machen, so finde ich, die Apotheker-Parties im Sommer, wo auch der Großteil vor der Tür stattfindet. Gern mehr davon – ich habe nur noch keine zündende Idee für das Wohl der Anwohner. Aber wir haben ja jetzt anscheinend noch etwas Zeit zum Tüfteln.

Bildnachweise: Privat; Celeste / Facebook / Polydor Records.