Rasanter, größer, abwechlungsreicher – Teil 5 der Resident-Evil-Reihe übertrifft dern Vorgänger in jeder Hinsicht. Nur nicht an der Kinokasse, da blieben die Einnahmen sogar hinter Teil 2 und 3 zurück. Trotz des fulminanten Action-Overkill scheint der Untoten-Saga kurz vor der Zielgeraden Die Luft auszugehen. Die Fans wird der Film dennoch zufriedenstellen, und das geplante Finale mit Teil 6 ist wohl auch nicht in Gefahr.



Schon ab dem ersten Level, bzw.der ersten Szene lässt Regisseur Paul W.S. Anderson keinen Zweifel an seinem Konzept: Die Filme und Videospiele des Resident Evil-Framerate waren schon immer eng verbunden. Jetzt werden sie endgültig verschmolzen in einem Ausmaß, dass man im Kino noch nicht gesehen hat. Das gesamte Story-Szenario mit willkürlich wechselnden Arenen und respawnten Figuren wurde einem Konsolengame nachempfunden.

„Resident Evil Retribution“ startet genau da, wo “Resident Evil Afterlife“ endete. Oder zumindest beinahe. Es beginnt nämlich mit einer rückwärts ablaufenden Actionszene, als würde der Filmvorführer gerade netterweise zurückspulen, weil man den Anfang verpasst hat. So sieht man den in Teil 4 angekündigten Angriff der Umbrella-Truppen auf den Tanker Sanctuary gleich zweimal: rückwärts in Slow-Motion (die leider ein paar schlampige Greenscreen-Shots entlarvt) und dann nochmal in voller Geschwindigkeit so wie´s sich gehört. Dazwischen erklärt Alice für Uninformierte in einem Monolog nochmal die ganze Geschichte der Reihe. Was der Prolog aber vor allem klarmacht ist, dass normale Naturgesetze ab jetzt außer Kraft gesetzt sind. Zeit und Raum und Logik sind für die folgenden 90 Minuten außer Kraft gesetzt.



Regisseur Anderson hetzt seine Heldin durch einen Parkour virtueller Welten. Alice ist in einer Art Holodeck von Umbrella gelandet – nur eben mit realen Zombies. Alle paar Minuten wird so ein neues Level geladen, mal ein typischer US-Vorort, mal die Innenstadt von Tokyo, New York oder Moskau. Die kleine Berlin-Multiplayer-Map, die auf den Plänen zu sehen ist, wird leider nicht genutzt. So kann man im Film ohne Rücksicht auf Übergänge oder Jetlag in kürzester Zeit scheinbar um die Welt reisen. Das überaus schlichte Ziel ist es, das Levelende zu erreichen und dem gigantischen Genlabor zu entkommen. Solche Szenarien haben aktuelle Open-World-Games längst hinter sich gelassen. Und während das Filmposter groß damit wirbt, dass das Abenteuer globale Ausmaße hat, findet man sich dann nur in einem überdimensionierten Themenpark wieder.  

So willkürlich wie mit den Locations wird auch mit dem Personal umgegangen. Da werden Tote zu Leben erweckt und Feinde im Handumdrehen zu Verbündeten. Alle kriegen nochmal ein Bonusleben spendiert. So gibt’s immerhin ein Wiedersehen mit alten Bekannten und Fanfavorites wie Michelle Rodriguez, Oded Fehr und Siena Guillory. Aber auch Shawn Roberts darf als Umbrella-Boss Wesker und billige Agent-Smith-Kopie wieder mitmischen, obwohl er doch zuletzt per thermonuklearer Explosion pulverisiert worden war.

Auch für  die Monstermenagerie in „Resident Evil Retribution“ gelten kaum noch Regeln. Aufgefahren wird ein Best-Of aller bisherigen Zombies und Mutanten, nur meist noch größer und zahlreicher. Dazu kommen Untote, die Motorradkunststücke beherrschen, strategisch vorgehen und auch schwere Waffen bedienen. Erlaubt ist was gefällt.




Fans der bisherigen Resident-Evil-Filme kommen voll auf ihre Kosten. Die Fehler des Vorgängerfilms wurden fast ausnahmslos beseitigt. Milla ist beinahe durchgehen in ihrer Latex-Montur zu bewundern, die Kämpfe sind zahlreicher, länger und virtuoser. Allerdings sind viele Ideen plump geklaut, darunter Spezialeffekte aus „Romeo Must Die“ und der Korridorkampf gegen eine Zombieflut ist eine Kopie aus “Oldboy“. Das Tempo ist fast durchweg hoch, die Setdesigns sind aufwendig und imposant, besonders in einer Szene im Klonlabor, in dem hunderte  Alice-Kopien an Fließbändern aufgehängt vorbeirattern und nochmal überdeutlich darauf hinweisen, wie künstlich diese Welt und wie austauschbar jede Figur ist.  

Das ist letztlich der Haken an der Sache. Alle Figuren sind beliebig, alle Entwicklungen der Handlung letztlich bedeutungslos. Spätestens im nächsten Film gelten sowieso andere Regeln. Das erhöht nicht gerade die Motivation, sich für die Figuren zu interessieren, oder der dünnen Story zu folgen.
„Resident Evil Retribution“ ist wie ein hochpolierter Remix aller bisherigen Filme. Inhaltlich tritt das Ganze mal wieder auf der Stelle, aber das dafür mit ganz dicken Stiefeln.

Copyright und Infos


Location: C1 Cinema (BS)
Autor / Credits: Dennis Baum


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