Wie kann es sein, wenn es mich trifft?

Tobi M., 38 Jahre aus Hamburg hat es getroffen. Und zwar in Ischgl, Österreich wahrscheinlich am 06. Oder 07. März. Ich kenne ihn über drei Ecken. Das scheint noch genug von mir weg, genug, um doch nochmal einen Kaffee trinken zu gehen oder eben mit den Nachbarn in den Park zu gehen? Eben nicht! Denn morgen könnte es schon bei mir oder Dir sein, wenn man sich hinreißen lässt. Der Nachbar oder die eigene Mutter, weil man doch den Enkel nochmal hingebracht hat.“

Es ist nicht weit weg, es ist schon da

Tobi erzählt am Telefon von seiner Ischgl-Fahrt, ein Männertrip mit vier Freunden. Wie schon so oft wollten sie Skifahren und gemeinsam feiern. Ironischerweise witzelten sie noch, ebenso wie zig andere Gäste und Mitstreiter darüber, dass man sowas wie hier -eigentlich- ja jetzt nicht mehr machen dürfte. Denn die ersten Fälle aus dem angrenzenden Norditalien waren gerade bekannt geworden.

Aus dem Thekenwitz wurde Ernst

Tobi M. beim Skifahren in Ischgl

Schon am Montag nach dem Ski-Wochenende habe er sich schlecht gefühlt. „Ich dachte naja, das sind jetzt die Nachwirkungen des Aprés-Skis. Ich bin noch zur Arbeit gegangen, habe mich aber schon schlapp gefühlt und hatte einen komischen Husten.“ Montagnacht habe er stark schwitzen müssen und Gliederschmerzen bekommen.

„Am Dienstag bin ich dann zu Hause geblieben. Da ich geahnt habe, dass es das Corona-Virus sein könnte, habe ich mein privates Umfeld und die Arbeit schon einmal vorgewarnt. Ein anderer aus unserer Truppe lag ebenfalls mit 39,5 Grad Fieber im Bett. Er wollte sich testen lassen und berichtete von einem Hintereingang bei seinem Hausarzt und Helfern in voller Schutzkleidung.“

„Ich wollte mich testen lassen“

"Mir ging es immer schlechter. Immer stärkere Gliederschmerzen, trockener Husten, eine dichte Nase (aber ohne zu Laufen) und ein Gefühl, nur 70 % Luft einatmen zu können, als hätte man Asthma. Schließlich wollte auch ich mich testen lassen und rief bei meinem Hausarzt an, der mich an die Hotline 116/117 verwies.“

Nach einem unerreichten Versuch fasste Tobi den Entschluss, direkt in ein Hamburger Krankenhaus zu fahren. Er hatte gehört, dass hier Corona-Tests an einem speziellen Eingang durchgeführt würden. Dort hätten bereits ein paar Patienten wie er gewartet. „Obwohl Ischgl zu diesem Zeitpunkt noch nicht offiziell als Risikogebiet gegolten hat, wurde ich sehr freundlich behandelt und füllte einen Fragebogen aus, bevor bei mir mit einem Stäbchen die Speichelprobe entnommen wurde. Mit einem Infozettel und dem Hinweis, dass ich, wenn ich innerhalb der nächsten 24 Stunden nicht angerufen werden würde, von einem negativen Ergebnis ausgehen könnte, wurde ich entlassen.“

„Vorsorglich stellte ich mich in Selbst-Quarantäne“

„Was sich als richtiger Schritt entpuppte, denn der Anruf kam: positiv. Rund eine Woche nach der vermeintlichen Ansteckung in Ischgl hatte ich die offizielle Bestätigung, dass ich mich mit dem Corona-Virus infiziert hatte. Der offizielle Weg folgte: zwei Wochen Quarantäne, Informationsketten.“

„Wie viele hatte ich inzwischen angesteckt?“

„Das weiß man nicht. Fakt ist, zwei von uns fünf hatten und haben starke Beschwerden und einige Freunde seien bereits positiv getestet worden. Ob es die Arbeitskollegen vom Montag oder seine Frau und Kind auch schon hätten? „Weder noch glücklicherweise. Meine Frau und die Kollegen, die ich getroffen hatte, haben bislang keine Symptome und mein Kind leichten Schnupfen“.

Was machst Du dagegen?

„Hauptsächlich schlafen und Ingwer-Zitronentee.“ Ähnlich wie bei der echten, viralen Grippe gibt es außer, einer noch nicht vorhandenen Impfung, so gut wie kein Gegenmittel bis auf die üblichen Medikamente und Hausmittel zu Linderung der Beschwerden."

Wie geht es Dir jetzt?
"Es geht mir jetzt, nach 14 Tagen wieder einigermaßen gut. Allerdings bin ich immer noch schwach und am Husten. Da ich die Grippe noch nie hatte, ist diese Viruserkrankung für mich die bisher schlimmste und längste Krankheit. Und, dass, obwohl ich nicht zur Risikogruppe zähle und es bei mir noch ein mittlerer Verlauf war! Ich kann mir vorstellen, wie kritisch die Lage ist, wenn es ältere Menschen trifft und es zu einem schweren Verlauf kommt!“

Wann ist es vorbei?

„Das weiß keiner. Ich persönlich werde nach erneuter Rücksprache mit dem Gesundheitsamt und ggf. weiteren Tests frühestens Ende nächster Woche, am Ende der offiziellen Quarantäne wieder das Haus für einen einsamen Spaziergang verlassen können. Wir sind dankbar über Nachbarschaftshilfe und Unterstützung durch die Familie in etwa durch Einkäufe, die uns vor die Türe gestellt werden, etc. Gemeinsam haben wir diese Phase erstmal bewältigt.“

Bist Du jetzt immun?

„Laut den Ärzten muss meine Infektion aber nicht bedeuten, dass ich immun bin. Es könnte sich lediglich um einen kurzfristigen Eigenschutz handeln. Von daher heißt es auch weiterhin für mich wie für alle anderen: auf Abstand gehen und zuhause bleiben, erstmal auf unbestimmte Zeit.

Offensichtlich waren die Schließungsmaßnahmen in Ischgl zu spät. Und auch in Deutschland hätten die eingeleiteten Schritte möglicherweise früher passieren müssen. Neben gesetzlichen Maßnahmen ist jetzt die Vernunft von uns allen gefragt!“

Dein Rat an die Bevölkerung

„Tut ALLE so, als hättet ihr den Virus schon, bevor ihr ihn womöglich wirklich habt! Bleibt zuhause, trefft keine Leute, bleibt im kleinsten Kreis, macht nur das aller nötigste und bringt eure Kinder nicht zu den Eltern und Großeltern. Denn außer die Pandemie generell zu verlangsamen, gilt es Ansteckungen von älteren und vorbelasteten Menschen, bei denen es zum schweren Verlauf kommen kann, unbedingt zu vermeiden!

Bei meinem Test im Krankenhaus wurde mir klar, wie zeitintensiv die ganze Prozedur ist. Daher ist es dringend zu empfehlen, bei leichten, grippalen Symptomen Ärzte und Krankenhäuser erst gar nicht zu konsultieren, sondern zuhause zu bleiben und abzuwarten!"

Anmerkung der Redaktion
Der Name ist abgeändert worden. Der Fall ist genauso passiert und die Person aus Hamburg echt. Es handelt sich hier nicht um generelle Aussagen, sondern einen Fall, der subjektiv geschildert worden ist. Wir bedanken uns bei ihm für das Interview und wünschen ihm weiterhin gute Genesung.

Fotos: Privat.

Copyright und Infos


Location: Hamburg (div.)
Autor / Credits: Kathrin Rieck


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