Groß, größer, Gatsby

War es das, was uns der Romanautor  F. Scott Fitzgerald 1925 mitteilen wollte? Oder wollte er doch etwas anderes ausdrücken als pompöse Partys, lautstark aufbrummende Karossen und opulente Kostüme, als er Jay Gatsby den Zusatz „der große“ zusprach?

Die Geschichte um Gatsby wird vom jungen Börsenmakler Nick Carraway (Tobey Maguire) erzählt. Nick ist kürzlich in das Neureichenviertel West Egg auf Long Island in ein bescheidenes Haus gezogen, als er den mysteriösen und schwerreichen Gatsby (Leonardo DiCaprio) kennenlernt. Dieser ist in der ganzen Gegend wegen seiner ausschweifenden Partys bekannt, obwohl ihm eigentlich niemand so richtig nahe steht. So erfährt Nick erst im Laufe der Geschichte, dass Gatsby die ganze Show nur veranstaltet um seine alte Liebe Daisy (Carey Mulligan), die gleichzeitig Nicks Cousine ist, nach fünf Jahren seiner Abwesenheit wiederzugewinnen. Mittlerweile heiratete Daisy aber den Millionär und Ex-Footballspieler Tom Buchanan (Joel Edgerton), der zwar einige Affären hat, aber seine Frau nicht kampflos ziehen lassen möchte.


"Ich bin Gatsby"

Die Verfilmung von Baz Luhrmann ist nach einem Versuch aus der Stummfilmzeit, den späten 40ern und der wichtigsten Adaption von 1974 mit Robert Redford die vierte und mit Abstand teuerste Inszenierung des Jahrhundertromans. Luhrmann hat mit seinen Filmen Moulin Rouge und Romeo & Julia (den er ebenfalls mit Leonardo DiCaprio drehte) bewiesen, dass es kaum einen besseren gibt wenn es um die Delegierung von Massenszenen geht. In Gatsbys Haus wird nicht nur gefeiert: man lässt es krachen!

Konfettiwolken fallen aus Champagnerflaschen, die die größe von Badewannen haben, Kronleuchter im Minivanformat und den Himmel erleuchtende Feuerwerksraketen, vor denen Leonardo mit verwegenem Lächeln sagen kann „I’m Gatsby“. Es sind genau diese Momente, wo man es etwas ruhiger werden lassen könnte, aber die Partys werden bei Luhrmann bis zum bitteren Ende durchgefeiert. Danach geht es in getunten Nobelkarossen mit gefühlten 180 km/h nach Manhatten, vorbei eben noch an montaner Tristesse, dann wieder eine  ekstatische Cabrioparty mit musikalischer Untermalung von Jay-Z (der auch Coproduzent ist). Die Kostüme sind mit das beste was Hollywood in den letzten Jahren gesehen hat, sogar eine Ausstellung gibt es bereits.


Nick Carraway (Tobey Maguire) und Daisy (Carey Mulligan)

Von all den Übertreibungen, Lügen, Verschwendung, Dekadenz und Skurrilität findet man nach knapp einer Stunde endlich Tiefgang. Als Nick auf Bitten Gatsbys seine Cousine in sein Haus einlädt und Gastby es in seiner anscheinend verschwenderischen, offensichtlich aber hilflosen und aufgeregten Art ohne zu fragen in ein Blumenmeer verwandelt, dann aber nach einem kräftigen Regenguss völlig durchweicht vor ihr steht - der ganze Reichtum und oberflächliche Glanz abgewaschen - kommt der Titanic-Leonardo zum Vorschein, mit dem er seine große Liebe zurückgewinnen will.

Dass ihm das nicht gelingt, hat Fitzgerald bereits 1925 so vorgegeben, auch wenn sich die aktuelle Verfilmung über viele Einzelheiten hinwegsetzt oder neue hinzu erfindet, wie den umschließenden Plott von Nick im Sanatorium. Fitzgerald war eben Buchautor und kein Hollywood-Mann mit Happy-End-Garantie. Trotzdem schafft es die 100-Millionen-Dollar-Produktion in nahezu ironischer Art, den Zuschauer ähnlich zu verführen wie Gastbys Millionen seine Daisy. In einem Moment sind beide hin und her gerissen.

Copyright und Infos

ab 16.05.2013
Location: C1 Cinema (BS)
Autor / Credits: Christian


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