Kultfilm-Regisseur Peter Thorwarth hat dank seiner Ruhrpott-Komödien wie „Bang Boom Bang“ und „Goldene Zeiten“ eine große Fangemeinde. Anlässlich des kommenden Heimkino-Starts seines neusten Films "Nicht mein Tag" gaben Thorwarth und sein Hauptdarsteller Axel Stein eine Pressekonferenz im Bayerischen Hof in München und plauderten über den Spaß bei den Dreharbeiten, warum Ralf Richter ein liebenswerter Chaot ist und wie es um den deutschen Film bestellt ist.

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Wer sollte sich "Nicht mein Tag" unbedingt anschauen?

Peter Thorwarth: Also Axel Stein spielt im Film ja einen Familienvater um die 30 und somit ist der Film auch eher an die entsprechende Zielgruppe gerichtet. Normalerweise sind diese Leute eher schwerer ins Kino zu bekommen als die ganz jungen Leute, aber ich glaube, in der Heimkino-Auswertung kriegen wir sie dann richtig. Darum sind wie heute hier (lacht).

"Bang Boom Bang" ist ja auch erst auf DVD richtig groß geworden.

Thorwarth: Das stimmt, aber "Bang Boom Bang" hat stärker polarisiert, weil er noch mal eine Nummer härter ist. Gerade hier in München, als wir 1999 den Förderpreis der HypoVereinsbank gewonnen haben, konnte ich erfahren, dass meine Filme nicht bei jedem ankommen. Ein Journalist, der mich interviewt hat, teilte mir zu Anfang des Gesprächs gleich mit, wie schrecklich er schon die Eröffnungsszene von "Bang Boom Bang" fand. Tatsächlich lief der Film auf DVD dann noch besser als im Kino – ich glaube auch, weil diese Art von Komödie damals noch etwas vor ihrer Zeit war.

Der Humor ihrer Unna-Filme hat sich aber mittlerweile deutschlandweit durchgesetzt – woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Thorwarth: Ich weiß gar nicht, ob man das so sagen kann, denn der Humor ist in meinen Filmen ja schon auch unterschiedlich. "Was nicht passt, wird passend gemacht" beispielsweise finde ich im Nachhinein etwas zu brav, aber dafür sehr liebevoll. "Goldene Zeiten" hingegen ist doch um einiges düsterer.

Sind Sie mit dem Resultat von "Nicht mein Tag" zufrieden?

Thorwarth: Auf jedem Fall. Ralf Husmann hat mir seine Roman-Vorlage zur Verfügung gestellt und freie Hand gelassen, so dass wir beim Drehbuch noch einige kleine Änderungen vorgenommen haben. Ich hätte wohl Lust, beim nächsten Mal wieder die etwas härtere Gangart einzuschlagen, da das in Deutschland gerne ein bisschen vernachlässigt wird, aber mit meinem aktuellen Film bin ich auch absolut zufrieden.

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Und was sagen Sie zu Ihren Darstellern?

Thorwarth: Also gerade Axel ist ein astreiner Schauspieler und damals wie ich finde zu Unrecht nur in die Comedian-Ecke geschoben worden. Axel hat das Timing eines Comedians, kann aber auch als Schauspieler sein Publikum berühren.

Herr Stein, haben Sie eine Lebenskrise wie die des Protagonisten Till Reiners schon einmal am eigenen Leib erfahren?

Axel Stein: Eigentlich nicht, denn ich habe gerade ein ziemlich abwechslungsreiches Leben, bin viel unterwegs und kann machen, was ich will. Ich bin also extrem glücklich.

Till Reiners war Rocker und ist jetzt Bankangestellter. Was sind Sie privat für ein Mensch?

Axel Stein: Ich führe schon ein solides Leben, dafür aber auch ein sehr aufregendes und kann anders als Till Reiners alle meine Träume in die Realität umsetzen.

Während des Trips von Till Reiners gibt es eine wirklich gelungene Szene, in der er im Drogenrausch durch Amsterdam wankt. Haben Sie sich darauf speziell vorbereitet?

Axel Stein: Das nicht, aber ich habe die Szene komplett mit einer GoPro Kamera am Kopf selbst gedreht.

Thorwarth: Dazu muss man auch sagen, dass Axel den ganzen Dreh über total nüchtern war, weil man als Schauspieler für das Timing schon sehr konzentriert sein muss.

Was ist Ihnen bei der Charakterisierung Ihrer Figuren besonders wichtig?

Thorwarth: Figuren sollten ambivalent sein, so dass sich der Zuschauer mit ihnen identifizieren kann. Wenn die Grenzen eines Charakters verschwimmen, wird dieser erst richtig interessant. Das ist für mich die Grundlage eines guten Films.

Ist eine Fortsetzung von "Nicht mein Tag" denkbar?

Thorwarth: Anders als bei "Bang Boom Bang" könnte ich mir hier schon einen zweiten Teil vorstellen. Aber erstmal möchte ich mich anderen Projekten widmen.

Ihre Filme haben stets einen Independent-Touch. Was halten Sie vom deutschen Mainstream wie die Filme von und mit Til Schweiger oder Matthias Schweighöfer?

Thorwarth: Also Til macht halt einfach sein Ding und das ist okay. Schade ist es halt, wenn die Branche nur aus Mainstream auf der einen und ganz kleinen Arthouse-Filmen auf der anderen Seite besteht. Die Dinge dazwischen müssen auch bedient werden, und ich glaube, das haben wir mit "Nicht mein Tag" gemacht. Eine Vielfalt in Deutschland ist nur möglich, wenn gerade die Filmverleiher auch mehr wagen.

Bei den deutschen Fernsehfilmen klappt das ja sogar besser mit gewagteren Inhalten.

Thorwarth: Das stimmt. Auch in den USA gibt es fast nur noch diese ganzen Hochglanzfilme für den großen Markt, denen Projekte wie intelligente Fernsehserien gegenüberstehen. Ob man mit den deutschen Strukturen auch solche anspruchsvollen Serien entwickeln kann, wird man sehen. Ich habe jetzt gehört, dass das ZDF eine deutsche "Breaking Bad"-Variante mit Bastian Pastewka plant. Ohne Bastian zu nahe treten zu wollen, bin ich mir nicht sicher, ob er die richtige Besetzung für so ein Projekt ist.

Da Sie ja einer der wenigen in Deutschland sind, die abgedrehtere Filme machen, werden Sie schon mal mit Quentin Tarantino verglichen. Wie stehen Sie dazu?

Thorwarth: Also das will ich von mir nicht behaupten, aber natürlich bin ich als Filmstudent der 1990er Jahre von Tarantino beeinflusst worden.

Hat Ralf Richter als Darsteller eigentlich ein Abo auf Ihre Filme? Uns sind Sie auch privat befreundet?

Thorwarth: Ja wir sind schon befreundet, aber es gibt auch immer mal Ärger mit ihm. Bei „Nicht mein Tag“ hätte er zum Beispiel gerne die Rolle des Bankräubers übernommen, aber die war nun mal für Moritz Bleibtreu gedacht. Das hat Ralf dann eingesehen und fragte für die Rolle des Till Reiners an, was aber gar nicht gepasst hätte. Dann hat er eher zähneknirschend einen kleineren, aber dafür sehr gelungenen Part im Film übernommen. Ralf ist also immer bei mir an Bord, auch wenn man sich mit ihm ganz schön streiten kann. Aber er hat ein gutes Herz und daher immer einen Platz in meinen Filmen.

Gab es am Set auch sonst mal Stress?

Axel Stein: Nein, es war wirklich einfach eine geile Nummer. Die Dreharbeiten haben allen total Spaß gemacht. Deswegen trauere ich der Zeit auch ein bisschen hinterher. Ich würde am liebsten direkt nochmal in dieser Konstellation einen Film drehen.

Lässt Peter Thorwarth seinen Darstellern auch Platz für eigene Ideen?

Axel Stein: Absolut. Peter hat klare Vorstellungen, lässt seinen Darstellern aber trotzdem viel Spielraum für Kreativität und genau die Mischung macht einen guten Film aus.

Thorwarth: Ich wäre ja auch schön blöd, wenn ich tollen Ideen gegenüber nicht aufgeschlossen wäre.

 

Vielen Dank für das Gespräch

Copyright und Infos

05.05.2014
Location: C1 Cinema (BS)
Autor / Credits: Stefan Huhn


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