Der öffentliche Personennahverkehr ist ein wichtiger Baustein der viel diskutierten Verkehrswende – und entscheidender Teil der Grundversorgung aller Bürger, wie auch in den vergangenen Monaten besonders deutlich wurde. Im Interview mit Ralf Sygusch, Verbandsdirektor des Regionalverbands Großraum Braunschweig und Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Region Braunschweig, ging es um die Bedeutung des ÖPNV, Auswirkungen von Corona und zahlreiche Pläne für die Region.

 

 

Mobilität ist ein für uns alle wesentliches Gut. Welche Rolle spielt dabei aus Ihrer Sicht der ÖPNV?

Der öffentliche Personennahverkehr, kurz ÖPNV, garantiert allen Bürgern den Zugang zu Mobilität – also eben auch jenen die ein eigenes Fahrzeug haben oder denjenigen die kein Eigenes haben wollen oder können. Er ist eine Alternative zum Auto und sehr gut mit anderen Mobilitätsangeboten, wie dem Radverkehr kombinierbar. Der ÖPNV ist Teil der Grundversorgung, um am Leben teilhaben zu können. Und er bietet, vor allem im Kontext aktueller Diskussionen, die Möglichkeit für eine klimabewusste Mobilität.

 

Wie hat sich der ÖPNV in der Region in den vergangenen Jahren entwickelt?

Der ÖPNV ist im Gebiet des Regionalverbandes Großraum Braunschweig in den vergangenen Jahren stetig ausgebaut und verbessert worden. Die Angebote wurden erweitert, Takte und Anschlüsse zwischen einzelnen Verkehrsmitteln verbessert oder auch neue Linien eingeführt. Der barrierefreie Umbau von Bahnhöfen und Bushaltestellen wurde massiv vorangetrieben – dabei wird die Mobilitäts(Wege)kette von der Haustür bis zum Ziel stets mitgedacht, etwa in Form von Fahrradstellplätzen an den Haltestellen. Gleichzeitig gibt es durch den Verkehrsverbund Region Braunschweig, kurz VRB, ein abgestimmtes, einheitliches Tarifangebot in der gesamten Region. 

Insbesondere in eher ländlichen Gebieten arbeiten wir im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Mobilitätsversorgung zudem an neuen Lösungen. Es werden im nächsten Jahr noch mehr flexible Bedienungsangebote mit Kleinbussen entstehen, die den bestehenden ÖPNV überall dort unterstützen, wo aufgrund geringerer Nachfrage nur wenige Linienbusse oder Bahnen unterwegs sind. Der Regionalverband wir hier aktiv vorangehen, selbst neue Kleinbusse anschaffen und diese in das bestehende ÖPNV Angebot integrieren. 

 

Welche Rolle hat der ÖPNV in der Verkehrswende? 

Der ÖPNV ist aus unserer Sicht vor allem in den städtischen Räumen einer der entscheidenden Bausteine der Verkehrswende. Und: Um diese Rolle einzunehmen, muss er attraktiv und bedarfsgerecht sein. Er sollte sich zu einem Kernelement der Mobilitätskette für alle entwickeln. Letztlich macht es aber nur Sinn, ihn auch im Mix aller Verkehrsmittel zu sehen, also auch andere Fortbewegungsmittel wie Fahrrad, E-Bikes, zu Fuß & Co. gedanklich zu verbinden. Auch das Auto, über eingebundene P & R Anlagen oder Pendler- und Mitfahrangebote gehören mit dazu. Dafür gibt es auch bereits einige online-Plattformen.

Letztlich geht es insgesamt um einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz, um eine Verkehrsverlagerung vom Auto auf andere Verkehrsmittel. Übrigens: Im Regionalverband haben wir aktuell ein eigenes Projektteam aufgebaut, das sich damit beschäftigt, einen Bewusstseinswandel zur Nutzung der CO2-armen Mobilität zu unterstützen. 

 

Ralf Sygusch im Gespräch über die Zukunft des ÖPNV und neue Pläne.


Welche Schritte sind Ihrer Meinung nach als Nächstes notwendig? Was steht hier in der Region an?

Es wird immer ein Bündel unterschiedlichster Ansätze und Maßnahmen sein. Ein Strang ist der weitere Ausbau der Angebote. Zum Beispiel wird ab Dezember 2020 der Stundentakt zwischen Braunschweig-Gifhorn-Uelzen möglich, da ein sogenanntes Begegnungsgleis in Rötgesbüttel fertiggestellt wird. Das zahlt sich vor allem für Fahrgäste aus dem und in den Landkreis Gifhorn aus. Hier erwarten wir eine Zunahme an Fahrgästen. 

Auch der weitere Ausbau der Barrierefreiheit an Bus- und Bahnhaltestellen sei genannt, das haben wir dem Förderprogramm Infrastruktur zu verdanken. Dies sind bauliche Maßnahmen wie beispielsweise die Anpassung von Bordsteinkanten zum barrierefreien Einstieg in Busse als auch die barrierefreie Fahrgastinformation für sensorisch eingeschränkte Fahrgäste, ermöglicht durch den Einsatz neuer Informationstechnologien. 

Die Digitalisierung ist auch im ÖPNV ein großes Thema, hier arbeiten wir – zusammen mit den Kommunen und Verkehrsunternehmen – an unterschiedlichsten Projekten. Bspw. werden beim regionsweiten Echtzeitprojekt Haltestellenanzeigen, Fahrzeuge und die dazugehörige Technik aktuell auf Echtzeitdaten umgestellt, sodass die ÖPNV Nutzer immer die aktuelle Information bekommen. Ab Herbst wird zudem die VRB App und neue Website verfügbar sein, wo dann neben den Echtzeitinformationen und Fahrplanauskünften auch ein digitales Ticketing in der ganzen Region möglich sein wird. 

 

Wie kann ich mir die „neue Corona-Normalität“ im ÖPNV vorstellen?

 

Seit einigen Wochen fahren die Busse, Trams und Bahnen in der Region Braunschweig wieder im gewohnten, verlässlichen Takt. Die Verkehrsbetriebe haben ihre Reinigungsroutinen deutlich erhöht und intensiviert. Eine weitere, wichtige Maßnahme ist mit einem kurzfristig aufgestellten Förderprogramm des Regionalverbandes Großraum Braunschweig über 800.000 Euro realisiert worden: Die Fahrerbereiche sind seit neuestem mit Plexiglasscheiben getrennt, sodass das Fahrpersonal und die Fahrgäste besser geschützt sind und damit vorne der Einstieg sowie der Ticketverkauf in den Bussen nun wieder möglich.

 

 

Was kann ich im Corona-Kontext als Fahrgast tun? Haben Sie Tipps?

Ich empfehle die Maskenpflicht unbedingt einzuhalten – sowie auch den bekannten Mindestabstand. Tickets sollten vorab online gekauft und Stoßzeiten vermieden werden. Manchmal reicht es schon, eine Bahn später zu nehmen, um zum Beispiel volle Fahrzeuge durch den Schülerverkehr zu vermeiden. 

 

Weitere Informationen zur Arbeit des Regionalverbands Großraum Braunschweig gibt es auf www.regionalverband-braunschweig.de, zum Verkehrsverbund Region Braunschweig auf www.vrb-online.de.

 

Bildnachweis: Regionalverband.


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Location: Braunschweig (div.)
Autor / Credits: Falk-Martin Drescher


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